Die Dorfkirche St. Georg zu Lüdershagen


Ein Kleinod auf dem Lande

   

„Nur unsere Dorfkirchen stellen sich uns vielfach als die Träger unserer ganzen Geschichte dar, und die Berührung der Jahrhunderte untereinander zur Erscheinung bringend, besitzen sie den Zauber historischer Kontinuität“

(Theodor Fontane)


Abseits der großen UNESCO-Weltkulturerbe-Städte wie Stralsund oder Wismar gibt es auch auf dem Lande meist unbekannte Kleinodien, die ebenso Beachtung verdient haben und wertvolle Schätze unserer ländlichen Kulturlandschaft darstellen.

Die Dorfkirche in Lüdershagen ist so ein Beispiel.

Am 22. August 1278 wird der Ort Lüdershagen erstmals in einer Urkunde des Rügenfürsten Witzlaw II. erwähnt. Die Bauzeit der dem Heiligen Georg geweihten Kirche wird auf die Zeit zwischen 1250 und 1400 geschätzt. Der gotische Backsteinbau, bestehend aus Langhaus, Turm und Chor, ist auf einer künstlichen Aufschüttung und einem Fundament aus sauber behauenen Granitblöcken gegründet. Das in der zweiten Hälfte des 13.Jh. erbaute Langhaus mit seinen dicken Strebpfeilern wird im Inneren von zwei kräftigen Säulen geteilt. Diese zweischiffige Bauweise ist selten und gilt als kirchenbauliche Besonderheit. Der beeindruckende Raum wird in drei Joche gegliedert, von einem Kreuzgewölbe in der Mitte und jeweils östlich und westlich von einem halbierten Sternengewölbe, überspannt. Der zweijochige Chor mit  polygonalem ⁵/₁ₒ-Ostschluss und die Alte Sakristei auf der Südseite sollen in der 1.Hälfte des 14.Jh. entstanden sein. Der Bau der Neuen Sakristei schließt 1870 die alte Priesterpforte an der Nordseite des Chorraums. Der massive Unterbau des 41 Meter hohen Turmes ist wohl zeitgleich mit dem Langhaus entstanden. Die seit 1752 aus Fachwerk bestehende Glockenstube wurde 1909 in der heutigen Gestalt ausgemauert. Der mit dem  Wetterhahn von 1705 bekrönte Turmhelm erhielt 1856 seine heutige vielkantige Form. Das Innere des Turmgebälks erinnert an die Gestaltung eines Schiffsbugs – man nimmt an, dass hier Schiffszimmerleute am Werk waren. Der Taufstein aus gotländischem Kalkstein ist aus dem 14.Jh. und damit das älteste erhaltene Ausstattungsstück. 1958 wurden die mittelalterlichen Wand- und Gewölbemalereien entdeckt. Über dem Triumphbogen ist das Weltgericht zu sehen, mit Maria und Johannes dem Täufer, Posaunenengel und diversen Teufeln mit Verdammten. Außerdem seitlich ein großer Christophorus.  In den oberen Spitzbogennischen wurden drei der Apostel und Architekturmalerei freigelegt. An der Westwand ist das Martyrium des heiligen Sebastian dargestellt. In den Gewölbekappen des Chores sind die seltene Darstellung des Gnadenstuhls, Maria und Johannes der Evangelist, sowie der Heilige Mauritius und eine bekrönte Dame mit Palmenzweig und Buch zu sehen. Sie gehören zu den 14 Notheiligen. In den Fenstern befinden sich 20 Kabinettscheiben aus dem 17. Und 18.Jh. mit Genreszenen, Heiligen, Bibelzitaten und Namen von Bauern, Pächtern und Handwerkern, die die Renovierung der Kirche nach dem Nordischen Krieg ermöglichten. Eine Sakramentsnische aus vorreformatorischer Zeit ist ebenfalls noch erhalten. Der jetzige neugotische Altar und die Kanzel wurden 1863 errichtet. Die an der Südwand befindlichen Ölgemälde stellen Vater und Sohn Rütze dar, die zusammen 80 Jahre lang das Schicksal unserer Gemeinde von 1687 bis 1767 lenkten. Die hufeisenförmigen Emporen, die noch die Beschriftungen der dort Sitzberechtigten tragen, entstanden 1819. Die Orgel mit zweigeteiltem Prospekt wird von Carl August Buchholz 1849 eingebaut. Sie birgt einen großen Anteil an Originalsubstanz  und konnte 2007 restauriert werden.

 

 

 

 

 

Der Weg nach Lüdershagen:

 

Lüdershagen liegt im Landkreis Vorpommern-Rügen, nahe der Kleinstadt Barth, nördlich der Bundestraße 105 etwa mittig zwischen Rostock und Stralsund

Blick in den Chor mit Patronatsgestühl und neugotischem Altar und Kanzel von 1862
Blick in den Chor mit Patronatsgestühl und neugotischem Altar und Kanzel von 1862

Blick nach Westen, Die zweischiffige Bauweise der Backsteinhalle gilt als kirchenbauliche Besonderheit, Das Kastengestühl von 1724, das Patronatsgestühl und die Emporen von 1819 bilden eine Einheit, im Hintergrund die Buchholzorgel von 1849

  

Wappentafel des Friedrich Graf von Krassow, Besitzer des nahegelegenen Wasserschlosses Divitz

 

Barocksarg, datiert auf das Jahr 1738 aus der Gruft

 

Eine für die Region Vorpommern einmalige Besonderheit stellt der barocke Pultengel von 1754 dar




Science Notes

Das Magazin für Wissen und Gesellschaft:

 

Forschungsstelle Gruft

Regina und Andreas Ströbl sind fast täglich mit dem Tod konfrontiert. Sie erforschen Grabstätten und wollen herausfinden: Welche Geschichten stecken hinter den Toten?

Eine Reportage aus der Gruft

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Gruft mit Särgen bald wieder hergerichtet: Richard Engels Engagement für die Dorfkirche Lüdershagen

Sendung vom 14.10.2022

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Dorfkirche Langenhanshagen

Kirche Langenhanshagen, Fotomontage zur Aufstellung des Altars und der Kanzel
Kirche Langenhanshagen, Fotomontage zur Aufstellung des Altars und der Kanzel