Restaurierung der Patronatswappentafeln


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Bei den bearbeiteten Objekten handelt es sich um vier Patronats-Wappentafeln. Sie bestehen aus hölzernen Tafeln, auf denen die zinnernen Wappenschilde angebracht sind.

Die Wappentafeln - völlig desolat, mit Staub und Schimmel bedeckt und anscheinend schon gänzlich in Vergessenheit geraten – entdeckte ich 2014 in der Abstellkammer unter der Orgelempore. Aufgrund ihres schlechten Zustands erklärte ich mich bereit, diese ehrenamtlich für meine Kirchengemeinde in Lüdershagen zu restaurieren bzw. zu konservieren, damit sie wieder einen würdigen Platz im Kirchenraum bekommen können und für kommende Generationen erhalten bleiben. Ziel der Bearbeitung ist es, den Bestand zu dokumentieren und zu erhalten. Mit einzelnen Ergänzungen und Retuschierungen sollte wieder eine bessere Lesbarkeit der Objekte geschaffen werden. Dabei wurden aber auch alle früheren Veränderungen berücksichtigt, denn sie erzählen die Geschichte der Objekte und werden damit Teil des Kulturguts. Bei jeglichem Tun müssen die Folgen, vor allem auch die Langzeitwirkungen abgeschätzt werden und für die Auswahl der Mittel und Methoden als Kriterium gelten.

Wo die Wappenschilder gefertigt wurden, ist leider nicht bekannt. Auffallend ist aber, dass sie teilweise recht einfach und nicht immer exakt gebaut wurden. Zinnobjekte wurden hauptsächlich durch Gießen in Formen hergestellt. Meistens kamen hierfür kein reines Zinn, sondern Legierungen mit Blei, Wismut und Antimon zur Anwendung. Gegossen wurden die einzelnen Teile in Kokillen aus Metall oder auch aus Stein, die formgenaue Güsse und hohe Stückzahlen ermöglichten.

Meistermarken oder Stadt- und Beschaumarken waren bei den Patronatswappenschildern aus Lüdershagen leider nirgends zu finden.

Ursprünglich befanden sich die vier Patronatswappentafeln an den Seitenwänden des Chorraumes über dem dazugehörigen Patronatsgestühl.

Nach dem ersten Weltkrieg verlor der Adel an Ansehen und die Wappentafeln wurden abgehängt. Zunächst lagerten sie in der neuen Sakristei. Später verschwanden sie dann in der Besenkammer unter der Orgel, wo sie bis 2014 verblieben.

 

Die Wappentafeln wurden in der Zeit vom Oktober 2014 bis zum Februar 2015 bearbeitet. Aufgrund der Temperaturen zu dieser Jahreszeit wurden die Objekte in einem Raum mit durchgehend um die 10°C bearbeitet. Damit konnten ein Temperatursturz und damit einhergehende weitere Schäden verhindert werden. Das hatte aber natürlich auf der anderen Seite auch lange Trocknungszeiten zur Folge. Die Bearbeitung wurde auf das Wesentliche beschränkt. Die Wappenschilde wurden gereinigt, gefestigt und konserviert. Seit Anfang 2015 haben diese wieder einen würdigen Platz im Kirchenraum bekommen. Dies war sehr zur Freude eines Nachfahren, der nach 20 Jahren einmal wieder die Dorfkirche in Lüdershagen besuchte und einen Eintrag im Gästebuch hinterließ.

 

Friedrich Heinrich Graf von Krassow (*12. Juni 1775 in Stralsund; † 14. März 1844 ebenda)

entstammte der freiherrlichen Linie des rügischen Adelsgeschlechts von Krassow (Stammsitz = Pansevitz auf Rügen) Er war ein pommerscher Gutsbesitzer, schwedischer Kavallerieoffizier und preußischer Provinzial-Landtagsabgeordneter. 1810 wurde er zum schwedischen Kammerherrn und Mitglied des Schwertordens ernannt. Dies ist ein schwedischer Militärverdienstorden für Offiziere aller Grade, auch für die fremder Armeen, der in Anerkennung des Heldenmutes und langer nützlicher Dienste verliehen wurde. Dieser Schwertorden ist auch auf der Wappentafel unterhalb des Schilds abgebildet.

Anlässlich der Thronbesteigung Friedrich Wilhelms IV. wurde Krassow 1840 in den preußischen Grafenstand erhoben. Er war Besitzer des nahegelegenen Wasserschlosses Divitz – eine der wichtigsten Befestigungsanlagen in Norddeutschland und leider immer stärker vom Verfall bedroht, obwohl es als von nationaler Bedeutung eingestuft wurde.

Das Wappen der Krassows befindet sich auch dort über einem der kunstvoll verzierten Portaleingänge des Schlosses. Damit ist auch dieses Wappenschild aus der Lüdershäger Kirche ein Zeugnis unserer Regional- und Landesgeschichte.

 

Die Wappentafel mit den Initialen J. R. kann noch nicht sicher zugeordnet werden. Möglicherweise handelt es sich um die Patronatswappentafel für Joachim Christian Rodbertus (1769-1826).  Ursprünglich aus Barth stammend (die Familie Rodbertus war dort sehr einflussreich durch Handel und Reederei),  pachtete er die Domäne zu Lüdershagen und wurde Landwirt.  Dies könnte eine Erklärung für die Darstellung eines Bundes Kornähren auf dem Wappenschild sein. Häufig würden die Domänenpächter mit dem Patronat für die Kirche belehnt. Auffällig ist, dass diese Wappentafel deutlich kleiner ist als die anderen. Durch die einfache Bauweise und die Hobelspuren (vermutl. Schrupphobel) auf der Rückseite könnte man annehmen, dass diese Wappentafel älter ist. Als Gutsherr wurde Joachim Christian Rodbertus im Jahre 1802 vom Kaiser Franz II. in den Adelsstand erhoben.

 

Eleonora Marie Johanna von Rodbertus entstammt einer adligen Familie aus dem Herzogtum Schleswig. Sie ist am 03.05.1803 in Zimkendorf (Pommern) geboren und in Lüdershagen am 03.02.1836 verstorben. Am 16.11.1827 heiratete sie Gustav Adolf von Hillebrandt. Dieser war Pächter des Domänenhofes zu Lüdershagen. Er wurde am 09.02.1799 in Lassentin geboren und starb am 27.09.1864 ebenfalls in Lüdershagen.

 

Die Wappentafel des Chrysanthus Ehrenreich Vollrath Ramelow und seiner Frau Anna Gertrud von Scheven war am stärksten in Mitleidenschaft gezogen. Die Bestandteile hingen nur noch an einzelnen Nägeln zusammen. Es fehlten außerdem zwei Profilleisten.

Das Wappen der Familie von Scheven ist immer wieder abgewandelt worden, zeigt aber meist drei Eicheln auf Lilienstielen. Der Name von Scheven geht auf sieben Eichen - seven Eiken - zurück, die einst den ursprünglichen Familiensitz säumten. Die Familie ist seit über 1000 Jahren erwähnt und stammt ursprünglich aus dem Bergischen Land. Anna Gertrud von Scheven wurde 1712 in Grabitz auf der Insel Rügen geboren und verstarb 1758 in Lüderhagen.

Chrysantus Ehrenreich Vollrath Ramelow war Pfandgesessener auf Lüdershagen und lebte von 1700 bis 1756. Die größte Anerkennung für diese Projekt war ein Eintrag ins Gästebuch von einem Nachfahren der ehemaligen Patronatsfamilie Ramelow. Dieser besuchte unsere schöne Dorfkirche nach 20 Jahren wieder und freute sich sehr darüber, dass seine Ahnentafel wieder einen würdigen Platz im Kirchenraum bekommen hatte.